Masterarbeit mit Ghostwriter: Gesetzeslage und Gefahren

Artikel "Masterarbeit mit Ghostwriter"

Zusammenfassung: In diesem Beitrag erhaltet ihr Informationen zum Ghostwriting von Masterarbeiten, zur Gesetzeslage und den Gefahren beim Engagieren eines Ghostwriters. Der Artikel erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und juristische Korrektheit.

Akademische Arbeiten: Die eidesstattliche Erklärung

Wer ein akademisches Werk wie eine Masterarbeit nicht selbst verfasst, sondern schreiben lässt, kann ein Problem bekommen. Fliegt die Sache auf, war es das mit Titel und Abschluss, wobei der zuständigen Behörde, meist der Universität, hier ein Ermessensspielraum zusteht. Eine fremde Arbeit unter eigenem Namen abzugeben, stellt ein ernstes Vergehen dar. Der eigene Name unter der eidesstattlichen Erklärung steht für die eigene gedankliche Leistung. Verstößt man gegen diese Erklärung, ist theoretisch die Verwirklichung eines Straftatbestands gegeben. Die Exmatrikulation ohne Abschluss und eine Anzeige mit Geldbuße können die Folge sein. Allerdings muss darauf geachtet werden, ob der Universität oder Behörde gesetzlich die Möglichkeit eingeräumt wurde, eine eidesstattliche Erklärung entgegenzunehmen. Kurz gesagt: Die falsche Versicherung an Eides statt ist nur strafbar, wenn die Universität eine solche – qua gesetzlichen Auftrages – entgegennehmen darf. Das ist aber oftmals der Fall. 

Wer vor einer zur Abnahme einer Versicherung an Eides Statt zuständigen Behörde eine solche Versicherung falsch abgibt oder unter Berufung auf eine solche Versicherung falsch aussagt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(StGB § 156 Falsche Versicherung an Eides Statt)

„Das betrifft mich nicht“, werden viele sagen. So soll es auch sein, denn wenn fremdes Gedankengut als das eigene ausgegeben wird, sind akademische Abschlüsse überflüssig. Sie sagen nichts mehr über die persönliche Leistungsfähigkeit und intellektuelle Fachkompetenz einer Person aus. Schließlich zeigt jeder Berufsabschluss, wie gut der Prüfling sein Thema und die Prüfungssituation bewältigt hat. Eine sehr gute Zusammenfassung zum Thema „Wissenschaftsbetrug als Straftat“ gibt es als PDF unter diesem Link.

Masterarbeit: Ist akademisches Ghostwriting legal?

Nun haben aber Enthüllungen der letzten Jahre gezeigt, dass einige Akademiker ihre Titel nicht rechtmäßig erworben haben, weil sie entweder plagiierten oder Ghostwriter beschäftigten. Besonders in brisanten und öffentlichkeitsnahen Bereichen wie der Politik kommt ein solches Fehlverhalten durch Mitwisser oder schriftliche Vermerke oft ans Licht. Ghostwriter können in der Regel recherchieren, strukturieren und wissenschaftlich schreiben. Die Nachfrage für ihre Dienstleistung wächst. Deshalb tummeln sich Dutzende von Ghostwriting-Agenturen auf dem Markt, viele davon mit Sitz außerhalb Deutschlands.

Juristische Grauzone bei Auftragsarbeiten

Sie bewegen sich in einer juristischen Grauzone, denn das Anfertigen von Auftragsarbeiten ist nicht strafbar. Welcher Auftraggeber würde aber eine Arbeit beauftragen, die er selbst nicht verwenden darf? Das Kleingedruckte weist dezent darauf hin, dass eine Verwertung der Arbeit unter dem eigenen Namen nicht möglich, ja sogar strafbar sei. Allerdings garantiere man, dass Verfasser oder Agentur niemals auf das Urheberrecht pochten, falls es doch zu einem urheberrechtlichen „Unfall“ käme. Ist Ghostwriting für akademische Arbeiten nun strafbar oder nicht?

Wer fremdes Gedankengut, egal ob in Textform gekauft oder kopiert, als sein eigenes ausgibt, handelt in aller Regel vorsätzlich oder fahrlässig und macht sich bei einer Arbeit mit eidesstattlicher Erklärung womöglich strafbar. Wer einen Ghostwriter als Berater oder Text-Coach engagiert, nutzt ihn als Strukturierer und Korrekturhilfe für besseres Deutsch. Der Auftraggeber bewegt sich damit in einer Grauzone, schreibt aber die Arbeit letztendlich selbst.

Trotzdem werden Gerichte beim eindeutigen Nachweis der Ghostwriter-Unterstützung bei einer wissenschaftlichen Abschlussarbeit in nahezu allen Fällen auf eine schwerwiegende, wissenschaftliche Verfehlung entscheiden, die zur Aberkennung eines akademischen Grades führt. Die bestandene Masterarbeit ist ein Nachweis dafür, dass der Kandidat eine eigenständige gedankliche und wissenschaftliche Leistung gemäß den Erwartungen und Vorgaben der Universität erbracht hat. Eine wissenschaftliche Arbeit ist – außer in Ausnahmefällen – kein Teamwork, sondern eine Einzelleistung.

Akademisches Ghostwriting ist strafbar

Von daher muss die Frage im vorherigen Absatz eindeutig mit „ja“ beantwortet werden: Der Begriff „Akademisches Ghostwriting“ ist eine contradictio in adiecto, denn ein Studierender darf zur Erlangung eines akademischen Grades keinen Ghostwriter beschäftigen. Tut er es, macht er sich strafbar. Ein Forschungsprojekt namens „Beschämte Wissenschaft“ am Institut für Forschungsinformation und Qualitätssicherung (IFQ) beschäftigt sich ausführlich mit wissenschaftlichem Fehlverhalten.

Ghostwriting ist übrigens völlig rechtens, wenn keine eidesstattliche Erklärung im Spiel ist. Es gibt tausende Ghostwriter in Deutschland, die für Politik, Industrie, Unternehmer und Privatleute schreiben. Der Schreiber überträgt sämtliche Nutzungsrechte auf den Auftraggeber, dieser darf das Werk unter seinem Namen veröffentlichen oder vortragen. Ein Auftraggeber wird aber niemals ein solches Werk als akademische Prüfungsleistung unter seinem Namen einreichen. Der entscheidende Punkt ist, dass die Fremdleistung im akademischen Umfeld zu einem Titel führt, der damit unrechtmäßig erworben wurde.

Masterarbeit: Literaturrecherche in der Bibliothek

Gründe für einen Ghostwriter

Die Gesetzeslage ist eindeutig: Ghostwriting im akademischen Umfeld zählt als Betrug. Wie kommt man daher auf die Idee, einen Ghostwriter in Anspruch zu nehmen?

Grund 1: Man ist zu faul

Die Gründe, die vielen Menschen schnell in den Sinn kommen, sind schlichtweg Unvermögen oder Faulheit. Wer sich bisher gut durchmogeln konnte, für das Studium aber nie richtig motiviert war und Interesse aufbrachte, kommt nun an einen Scheidepunkt: Eine wissenschaftliche Leistung muss in Eigenregie erbracht werden. Und das mit dürftigem Wissen und wenig Enthusiasmus für das Thema. Klingt nach einem Problem. Andere wiederum schlängeln sich elegant und mit wenig Zeitaufwand durch ihr Studium, haben aber keine Lust, wissenschaftlich zu arbeiten und damit persönliche Freizeit einzubüßen. Beide Gruppen sind potentielle Kunden für Texte „von Geisterhand“, wenn sie dafür Geld in die Hand nehmen wollen.

Grund 2: Man tut sich schwer mit akademischem Arbeiten

Andere sind willens und fähig, eine Masterarbeit zu schreiben, tun sich aber mit Themenfindung, Struktur und Zeiteinteilung schwer. Eventuell sind sie auch sprachlich nicht perfekt, sodass dadurch bedingt Unklarheiten und Schwächen in der Argumentation auftreten.

Grund 3: Persönliches

Wenn jemand noch kleine Kinder hat oder aus verschiedenen persönlichen Gründen einfach in Verzweiflung und Chaos versinkt, wird die Zeit schnell knapp und die Gefahr des Scheiterns steigt rasant. Auch hier ist die Beauftragung eines Ghostwriters eine Möglichkeit, um den Abschluss nicht zu gefährden.

So sieht Ghostwriting in der Praxis aus

Beim schnellen Scannen von Beiträgen in einer Gruppe eines Social Media Kanals fiel mir eine Anzeige auf, in der jemand einen Schreiber für einen wissenschaftlichen VWL-Text suchte. Die Alarmglocke ging sofort los, denn man schreibt wissenschaftliche Texte nicht für sich selbst, sondern für Universität oder Hochschule. Das Posting liest sich folgendermaßen:

Illegales Ghostwriting 1
Hier sucht eine Person über einen Social Media Kanal einen Dienstleister, der einen VWL-Text kurzfristig verfasst. Verdächtig ist die Kurzfristigkeit, denn eine wissenschaftliche Arbeit ist planbar.

Es wird also innerhalb von 24 Stunden ein wissenschaftlicher Text aus dem Bereich der VWL benötigt. Da der/die AuftraggeberIn unter dem Klarnamen postete, war es nicht schwer, ihn/sie bei einem Karriereportal wiederzufinden. Und richtig: Die Person studiert aktuell und hat ein Studienmodul mit VWL.

Illegales Ghostwriting 2
Eine schnelle Recherche brachte Licht ins Dunkel: Die beauftragende Person studiert aktuell an der Steinbeis Hochschule Berlin, das Fach BWL/VWL ist als Modul Bestandteil der Ausbildung. Hier werden Module gewöhnlich in Hausarbeiten abgefragt und benotet. Ein wissenschaftlicher Text mit Deadline von einem Studenten: Klingelt es jetzt?

Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Natürlich gilt zunächst die Unschuldsvermutung, aber es hat ein gewaltiges „Gschmäckle“, wenn eine studierende Person einer privaten Hochschule mit kostenpflichtigen Studiengängen in einer Social Media Gruppe einen wissenschaftlichen Text mit Deadline anfragt. Beweisbar ist es nicht, aber ich bin fest überzeugt, dass die Person die Hausarbeit nicht hinbekommen hat und dringend einen Ghostwriter suchte. Ob dies aus Unvermögen oder Zeitnot geschah, bleibt dahingestellt. Jedenfalls hat sich ein Dienstleister aus der Gruppe gemeldet und eine Privatnachricht an die Person versandt. Was daraus geworden ist: Ich weiß es nicht. Wahrscheinlich aber eine Hausarbeit, die bezahlt und fremdverfasst wurde.

Dem Dienstleister ausgeliefert

Viele Agenturen und Ghostwriter tummeln sich auf dem Markt. Interessanterweise wird in Deutschland oft nach Ghostwritern in der Schweiz gesucht. Vermutlich assoziieren Auftraggeber mit der confoederatio helvetica Verlässlichkeit und Diskretion als zwei Schweizer Tugenden. Eines sollte aber bei der Beauftragung klar sein: Man ist dem Dienstleister ausgeliefert. Auch wenn das Portal, die Agentur oder die Person Anonymität garantieren, schwebt fortwährend ein Damoklesschwert über dem Auftraggeber. Falls Unstimmigkeiten auftauchen oder die Leistung nicht angemessen erscheint, hat der Kunde wenig bis gar keine Möglichkeiten.

Was tun, wenn man durchfällt?

Was soll ein Auftraggeber machen, wenn er mit der teuer bezahlten Masterarbeit durchfällt? Etwa eine Beschwerde einreichen und das Geld zurückverlangen? Keine Chance. Außerdem kann ihn der Ghostwriter bei der Uni an den Pranger stellen. Es ist kein großes Kunststück, Universität und Betreuer eines Auftraggebers herauszufinden. Mit Recherche-Techniken und gesundem Menschenverstand fällt das nicht allzu schwer. Man hat als Kunde für eine Ghostwriter-Leistung mit eidesstattlicher Erklärung also immer die denkbar schlechtesten Karten. Die Masterarbeit mit Ghostwriter bedeutet damit ein sehr hohes Risiko.

Akademische Ghostwriter haben kein Gewissen

Kürzlich hat sich ein deutscher Ingenieur, der hauptsächlich Bachelor- und Masterarbeiten im BWL-Bereich von seiner Basis in Thailand schreibt, als Ghostwriter geoutet. Ein schlechtes Gewissen plagt den Mann aber nicht: „Nein, dafür bin ich als 55-Jähriger zu abgebrüht. Ich kann ruhig schlafen. Als Autor kann ich ja auch juristisch nicht belangt werden. Die Studenten hingegen schon: Die machen sich strafbar, wenn sie unterschreiben, dass sie die Arbeit ohne fremde Hilfe angefertigt haben.“ (Quelle: http://www.spiegel.de/karriere/berufsleben/ghostwriter-fuer-bachelor-und-masterarbeiten-der-bwl-macher-a-1083647.html, abgerufen am 30.03.2016). Da der Ghostwriter über eine Agentur geliefert hat, wird es in der Tat schwierig, den Ursprung der Arbeit zurückzuverfolgen. Sollte es aber gelingen, kann er natürlich juristisch belangt werden.

Gleichzeitig zeigen sich hier die Schwächen unseres Bildungssystems in Reinkultur: Zu wenig Zeit für die Betreuung von Studenten, Inflation akademischer Abschlüsse, Anonymität zwischen Dozenten und Studenten, keine Kontrolle der Leistungen.

Akademisches Ghostwriting: teuer und gefährlich

Die denkbar leichteste, aber auch teuerste und gefährlichste Methode ist es, sich die komplette Masterarbeit schreiben zu lassen und diese 1:1 so abzugeben. Neben der Gewissheit, dass die Arbeit bei einer fremden Person liegt und eventuell nicht sicher verwahrt wird, ist der Text kein eigenes Gedankengut und wird nicht perfekt passen. Allein bei der Verteidigung kann das brenzlig werden, wenn Detailfragen auftauchen, die man als „Laie“ gar nicht beantworten kann. Wie schon eingangs erwähnt: Die Tat wurde mit der Abgabe einer Arbeit mit eidesstattlicher Erklärung bereits begangen.

Unabhängig von der moralischen Frage gibt es mehrere Möglichkeiten, einen Ghostwriter innerhalb der juristischen Grauzone einzusetzen:

  • Der Ghostwriter wird als Coach für Themeneingrenzung, Herangehensweise und Text genutzt. Manchmal reichen Hinweise und Tipps schon aus, um selbst weiterzukommen.
  • Der Kunde erstellt mit dem Ghostwriter zusammen eine Agenda und plant den Aufbau der Arbeit. Mit einer klaren Struktur schreibt es sich erheblich leichter.
  • Die Masterarbeit wird lediglich redigiert. Dabei werden inhaltliche Mängel und unlogische Argumentation sichtbar und anschließend ausgemerzt.
  • Quellen und Zitate werden vom Schreibcoach ausgewählt oder geliefert. Diese ergänzen die Argumentation und Struktur.
  • Der Ghostwriter wird zur punktuellen Unterstützung eingesetzt und hilft nur, wenn es nicht mehr weitergeht.

Auch wenn diese Punkte in einem diffusen Bereich der Unterstützung liegen, sind sie bei Anlegen eines strengen Maßstabs schon als Unterschleif zu werten, denn die Leistung wurde nicht mehr eigenständig erbracht. Man könnte allenfalls ein Gegenlesen der Arbeit durch eine andere Person durchgehen lassen, weil dadurch nur Rechtschreibung und Grammatik in Form gebracht werden. Ein Gericht wird in der Grauzone aber immer zugunsten der Universität oder Hochschule entscheiden.

Andere schreiben lassen birgt Gefahren

Man sollte bei alledem nie die Gefahr vergessen: Auch wenn die meisten Universitäten (noch) keine Möglichkeit für den Nachweis einer erschlichenen Leistung haben, ist ihr Archiv für die Ewigkeit gedacht. Der Betrug kann nach Jahrzehnten erst ans Licht kommen, wie einige populäre Fälle in den letzten Jahren gezeigt haben. Damit besteht ein triftiger Grund für eine fristlose Kündigung durch den aktuellen Arbeitgeber, eventuell sogar Schadenersatzforderungen. Dazu kommt der beschädigte Ruf. Wer bei seiner Abschlussarbeit im großen Stil betrogen hat, könnte es nicht bei diesem einen Mal belassen haben.

Auch Ghostwriter kommen nicht so einfach davon, wenn ihre Identität aufgedeckt wird. Sie können der Beihilfe zum Betrug angeklagt werden. Auch die Beihilfe zum Betrug setzt aber voraus, dass die sog. Haupttat ein Betrug ist. Das Vortäuschen von Unwissenheit hilft dann nicht viel: Wer für viel Geld eine komplette Masterarbeit schreibt, rechnet damit, dass sie vom Kunden auch in dieser Form verwendet wird.

Kostenlose Hilfe an der Universität

Übrigens: Hilfe gibt es auch bei Schreibzentren von Universitäten und deren Career Centern. Ganz umsonst. Wer aber partout seine Abschlussarbeit nicht selbst schreiben möchte, sollte sich überlegen, ob er den Abschluss überhaupt braucht. Man kann es auch ohne Zertifikat zu etwas bringen, was viele Studienabbrecher oder Menschen mit Berufsausbildung unter Beweis stellen. Aufgrund der großen Zahl von Ghostwritern im Netz sollte klar sein, dass vermehrt falsche Akademiker unterwegs sein werden. Universitäten können Betrug nur durch bessere Betreuungsschlüssel, veränderte Prüfungsformen und den Einsatz moderner Software eindämmen. Arbeitgebern ist beim Vorstellungsgespräch anzuraten, Detailfragen zur Abschlussarbeit zu stellen oder sogar eine individuelle Aufgabe im Rahmen des Assessments vorzubereiten. Das alles kostet Zeit. Noch mehr Zeit und Geld kostet es eine Firma aber, Betrüger zu ersetzen und den Image-Schaden einzudämmen.

Michael Rassinger schreibt akademische Arbeiten nur für sich selbst. Als Ghostwriter ist er für Kunden tätig, die Werke ohne eidesstattliche Erklärung unter ihrem eigenen Namen oder in Co-Autorenschaft veröffentlichen. Die Entstehung seiner eigenen Masterarbeit beschreibt er im Artikel Masterarbeit schreiben in 17 Tagen, Tipps und Tools werden im Artikel Masterarbeit erfolgreich schreiben vorgestellt.

Privates Carsharing im Test

Privates Carsharing

Carsharing ist eine tolle Sache – wer kein eigenes Auto hat, kann sich zu fairen Preisen unkompliziert eines leihen. Das Prinzip funktioniert aber auch andersherum: AUTO-Mitarbeiter Michael Rassinger hat beim privaten Carsharing mit den autonetzern den eigenen Wagen vermietet.

Nein, eine Liebesbeziehung zu seinem Auto sollte man für privates Carsharing nicht aufgebaut haben. Zu schmerzlich wäre die Vorstellung, den gepflegten und liebgewonnenen Untersatz einer unbekannten Person für Stunden oder Tage zu übergeben. Neben der Bedeutung als Statussymbol kann der eigene Wagen auch einen privaten Rückzugsraum und ein Stück Freiheit bedeuten. Wie um alles in der Welt kann man also auf die Idee kommen, dieses ganz persönliche Refugium einem Fremden zu überlassen?

Hemmschwelle: Es ist das eigene Auto

Für AUTOStraßenverkehr schaltete ich alle Emotionen ab und stellte mein Cabrio, einen Toyota MR2, auf der Carsharing-Plattform autonetzer.de potenziellen Mietern für privates Carsharing zur Verfügung (Anmerkung: autonetzer ist inzwischen keine eigenständige Plattform mehr, sondern wurde 2015 von drivy übernommen). Bevor man als stolzer Autobesitzer nun die Hände über dem Kopf zusammenschlägt: Es ist alles nicht so schlimm, wie es scheint. Schließlich vermietet man weder Familienangehörige noch sein Schlafzimmer, sondern ein Industrieprodukt, das in großer Stückzahl gefertigt wurde. Ganz pragmatisch gedacht bedeutet das also: Es ist nur ein Auto. Es gibt sehr viele davon. Es verliert laufend an Wert. Es kostet ständig Geld.

Grundvertrauen als Voraussetzung für privates Carsharing

“Die Voraussetzung als privater Autovermieter sollte natürlich schon ein Grundvertrauen zum Mieter sein”, sagt Sebastian Ballweg, ehemaliger Geschäftsführer von autonetzer.de, einem der bis 2015 großen privaten Carsharing-Portale in Deutschland. Er gehört zu der Generation von Leuten, für die das Teilen und Mieten von Dingen wie Wohnraum und Autos längst Einzug ins tägliche Leben gehalten hat. Ballweg arbeitete, bevor er sich selbstständig machte, bei Daimler und suchte nach einer Möglichkeit, sein eigenes Auto besser auszulasten und die Fixkosten zu reduzieren. Bei einem Großstadtbewohner wie ihm, der meist mit Fahrrad und öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs ist, stand der Wagen oft ungenutzt vor der Tür. Verkaufen war aber keine Option, denn ab und zu ist ein Auto einfach nötig.

Teile dein Auto und spare

Daher kam der studierte Betriebswirt zusammen mit seinem Geschäftspartner Markus Gößler auf das Projekt mit dem Namen “Autonetzer”. Die Idee des privaten Carsharings ist recht jung. Erst vor rund fünf Jahren entwickelte sich weltweit fast gleichzeitig eine Sharing-Community für das Auto. Deutschland als klassisches Autofahrerland hält Ballweg durchaus tauglich für den Teilungs-Gedanken: “Die Leute in Deutschland sind zuverlässig, was für ein solches Projekt wichtig ist. Außerdem sieht man an Plattformen wie Mitfahrgelegenheit, Couchsurfing oder AirBnB (Mieten und Vermieten von Wohnraum auf Zeit), dass es in Deutschland funktioniert und in der Gesellschaft angekommen ist. Die Leute scheinen das Grundvertrauen mitzubringen, das man für den Verleih von privaten Dingen benötigt.”

Einfache Registrierung per Facebook möglich

Wie funktioniert aber das Verleihen des eigenen Autos? Es ist wirklich einfach: Nach dem Überprüfen der Voraussetzungen für das private Carsharing meldet man sich auf der Webseite der Autonetzer entweder per Registrierung oder Facebook-Authentifizierung an. Anschließend gibt man seine Daten sowie das Fahrzeug mit allen Details in die Maske ein, lädt Fotos hoch, legt die Mietpreise und Rückgabekonditionen fest und schaltet die Anzeige frei. Das war’s auch schon. Ab sofort kann der eigene Wagen von Mietern online gebucht werden.

Eigene Kfz-Versicherung bleibt unberührt

In meinem Fall wurde ich per SMS und E-Mail über eine Mietanfrage informiert. Fitnessclub- Besitzer Guido Wallmann aus Berlin wollte den MR2 für einen Tag mieten. Nach der Zusage per SMS musste nur noch das Protokoll ausgedruckt und bei Übergabe überprüft und unterschrieben werden. Ganz wichtig zu wissen: Die bestehende Kfz-Versicherung wird beim privaten Carsharing nicht angetastet. Stattdessen schließt der Mieter mit der R+V Versicherung einen Vollkasko- Schutz während des Mietzeitraums ab. Passiert tatsächlich einmal etwas, nimmt der Mieter direkt mit der R+V Kontakt auf, die dann alles abwickelt.

Problemlose Über- und Rückgabe des Autos

Die Übergabe verlief problemlos, nach einem kurzen Check von Führerschein und Personalausweis liefen wir ums Auto, hielten Zeit, Tankinhalt und Kilometerstand fest. Am nächsten Tag kam der Toyota genau wie besprochen und ohne Makel zurück, der Mietpreis wurde anschließend von den Autonetzern auf mein Konto überwiesen. Fitness-Experte Wallmann war so angetan von dem Autonetzer-Konzept, dass er demnächst den VW Bus des Fitness-Centers für privates Carsharing anbieten wird, um dessen Standzeiten und Fixkosten zu verringern.

Privates Carsharing: besser ohne Emotion

Zusammenfassend lässt sich sagen: Die Autonetzer bieten preiswertes und sicheres privates Carsharing an, bei dem der Privatwagen Geld einfährt und damit die finanzielle Belastung für den Fahrzeugbesitzer verringert. Man sollte allerdings keine emotionale Bindung zu seinem Auto haben, denn wer beim Verleihen des vierrädrigen Gefährten ein schlechtes Gefühl hat, der wird auch während der Mietdauer unruhig schlafen.

Dieser Artikel entstand für AUTOStraßenverkehr.

Update September 2015: Die Autonetzer wurden im Mai 2015 von der französischen Plattform Drivy übernommen, die ebenfalls privates Carsharing anbietet. Als Folge erhöhte sich zwar die Anzahl der Anfragen für mein Auto, die Konditionen verbesserten sich allerdings nur zugunsten der Mieter. Drivy schneidet sich mit 30% des Mietpreises zudem ein großes Stück vom Kuchen ab. Da viele Mieter Mehrfachanfragen für einen Zeitraum stellen und das für sie passendste Angebot annehmen, fühlt man sich als Vermieter veräppelt. Natürlich will ein Mieter Sicherheit für seinen Mietzeitraum haben, aber sowie der erste Vermieter zusagt, sollte das für Mieter bindend sein. Das Portal informierte bei meinen Anfragen von Mietern nämlich nicht über deren Absage, sondern schickt nur eine Mail bei Zusage. Zwar ist der Mitgliederservice bemüht und ruft auch proaktiv an, aber an den Konditionen lässt sich nicht rütteln.

Mein Fazit: Die Drivy-Konditionen mit den neuen Spielregeln dürften so manchem Vermieter nicht gefallen. Ich bin als Eigentümer nicht auf die Vermietung angewiesen und habe zusätzlich kein gutes Gefühl mehr bei der Sache. Daher habe ich mein Konto bei Drivy gelöscht.

Vinyl-Renaissance bei Edel

Eterna AAA Cuts

Die Edel AG aus Hamburg befeuert die Vinyl-Renaissance: Fünf bedeutende Aufnahmen des Eterna-Labels aus der ehemaligen DDR wurden neu aufgelegt.

Historie von Eterna

Der Sänger und Schauspieler „Ernst“ Albert Busch (Jg. 1900) gründete zwei Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs zusammen mit zwei Kompagnons die Lied der Zeit Schallplatten-Gesellschaft mbH im besetzten Berlin. Möglich wurde dies, weil Busch der Sowjetischen Militäradministration als Emigrant, deutscher Widerstandskämpfer und Kommunist bekannt war. Die Lizenz wurde zunächst für Schallplatten der Sparten ETERNA (Klassische Musik) und AMIGA (Tanzmusik) vergeben, die Gesellschaft am 13. März 1947 ins Handelsregister beim Amtsgericht Berlin-Charlottenburg eingetragen. Busch schien seine Kontakte zu den Sowjets gut nutzen zu können, denn bereits am 30. Januar 1947 wurde in einem Zweigwerk im Erzgebirge die Produktion aufgenommen.

Finanziell stand die Firma allerdings auf wackligen Beinen. Der Justitiar der Zentralverwaltung für Volksbildung in der Sowjetischen Besatzungszone (ZVV) prüfte im August 1947 die Lied der Zeit Produktionsstätten und schlug aufgrund der drohenden Illiquidität des Betriebs die Übernahme durch die ZVV vor, um eine weltweit konkurrenzfähige Plattenindustrie auf die Beine zu stellen. Der Plan blieb zunächst nur auf dem Papier bestehen, wurde aber schnell Realität: Trotz eines Darlehens in Höhe von 866.000 Reichsmark zum Ausgleich der Verluste der Jahre 1947 bis 1949 ging die Rechnung für Lied der Zeit nicht auf. Das Unternehmen, welches auch einen eigenen Musikverlag betrieb, wurde daher bereits wenige Jahre nach seiner Gründung am 1. April 1953 enteignet und verstaatlicht. Aus der Schallplatten-Gesellschaft mbH ging am 23. März 1955 im Handelsregister der Volkseigene Betrieb (VEB) Deutsche Schallplatten Berlin hervor, der Musikverlag war gleichzeitig vom Gesamtunternehmen abgetrennt worden. Eines der bedeutendsten Label dieses VEB war Eterna, das sich auf klassische Musik spezialisierte und von seiner Gründung bis zur Wende auf über 5.000 Veröffentlichungen kam.

Die Teilung Deutschlands trennte viele Künstler und Kulturstätten Ostdeutschlands hinter dem Eisernen Vorhang ab. Gleichzeitig entwickelte die Abteilung Musik des Ministeriums für Kultur in der DDR den Ehrgeiz, ein großes Repertoire an klassischer Musik einzuspielen und auch zu vertreiben. Die Mangelwirtschaft machte es aber schwer, an die dringend benötigten Rohstoffe zu gelangen. Zudem war dem Ministerium für Handel nicht bewusst, welche Besonderheiten es bei der Herstellung und dem Handel mit Schallplatten gab. Erst 1965 konnte durch eine Vereinbarung die Koordination zwischen den Ministerien sichergestellt werden, was zu einem schrittweisen Ausbau des Handels führte.

Nach dem Aufbau eines Grundrepertoires in den 50er-Jahren widmete sich Eterna der systematischen Erweiterung der Musikbibliothek. Hierfür wurden auch ausländische Künstler eingekauft, denn Aufnahmen mit diesen erschlossen zum einen neue Märkte und brachten zum anderen Valuten in die Kasse, mit denen dringende Anschaffungen bei Equipment und Material getätigt werden konnten. Der VEB Deutsche Schallplatten trug mit seinen Einnahmen auch bis zuletzt zum Staatshaushalt bei.

Als herausragend können die Eterna-Einspielungen mit den großen Orchestern (darunter das Gewandhausorchester Leipzig und die Staatskapelle Dresden) und traditionsreichen Chören (Kreuzchor, Thomanerchor) der DDR angesehen werden. Stars wie Kurt Masur, Peter Schreier, Kurt Sanderling, Ludwig Güttler und Theo Adam waren auch international bekannt und renommiert. Daneben gab es immer wieder Kooperationen mit Labels aus Westdeutschland und dem Ostblock, die in Lizenzausgaben resultierten.

Nach der Wende und der damit verbundenen Währungsunion gelang es nicht, den VEB Deutsche Schallplatten in eine GmbH umzuwandeln, die in einer Freien Marktwirtschaft hätte existieren können. Unklare Besitzverhältnisse, häufiger Personalwechsel und verfehlte Strategien aufgrund des Monopolverlusts führten bei dem 1991 in DSB Deutsche Schallplatten GmbH Berlin umbenannten Ex-VEB dazu, dass die Kataloge der Labels einzeln verkauft wurden. 1993 übernahm die Edel AG die bestehenden Rechte am Klassikrepertoire, das unter den Warenzeichen „Eterna“ und „Berlin Classics“ vertrieben wurde.

Technik zur Überspielung

Bei der Herstellung der neuen Vinyl-Serie bediente sich die Edel AG der Tochterfirma Optimal Media in Röbel an der Müritz. Das hauseigene Audio Mastering Studiosector5 ist eine bekannte Institution, wenn es um die Produktion von Vinyl geht. Umfangreiches Analog-Know-how und die entsprechenden originalen Maschinen aus der Blütezeit der Vinyl-Produktion stehen bei Optimal Media zur Verfügung. Auch werden sämtliche Masterbänder von Eterna klimatisiert im Archiv der Firma aufbewahrt. Studioleiter Thorsten Wyk ist sich des einzigartigen historischen und technischen Werts bewusst: So seien fast alle Bänder des ehemaligen VEB Deutsche Schallplatten in einem guten bis sehr guten Zustand.

Aufgrund dieser Tatsache verzichtete man bei der Produktion auf jeglichen digitalen Zwischenschritt und damit ein Remastering. HiFi-Puristen dürfen also aufatmen, denn originaler lassen sich Analog-Aufnahmen nicht auf Vinyl übertragen. Die Bezeichnung AAA, ein Code der Society of Professional Audio Recording Services(SPARS), bedeutet demnach, dass sowohl Aufnahme als auch Abmischung und Mastering auf analogen Geräten durchgeführt wurden. Es herrscht keine Einigkeit bei Vinyl-Hörern, ob eine rein analoge Produktionskette hörbare Vorteile bringt, schließlich komme es vor allem auf das Können der Tonmeister und Toningenieure sowie die fachkundige Aufbereitung für das Medium Vinyl an. Bei der Eterna Vinyl-Serie war dieses Vorgehen aber nur konsequent, denn zum einen entfiel durch den ausgezeichneten Zustand der Bänder aus den Jahren 1961 bis 1975 ein Remastering, zum anderen ist das originale Analogequipment vom Bandgerät bis zur Pressmaschine bei Optimal Media vorhanden.

Zum Abspielen der Masterbänder wurde eine Studer A80 Bandmaschine verwendet, die über einen zwischengeschalteten Neumann EQ die VMS-80/82 DMM Schneidmaschinen (ebenfalls von Neumann) mit der analogen Kost versorgt. Je nach Ausgangsmaterial entschied man sich für das Lackschnitt- oder DMM-Verfahren zur Herstellung der Pressmatrize. Auf der Deckelrückseite der Eterna-Bänder sind technische Hinweise der jeweiligen Produzenten der Aufnahmen notiert. Diese Anweisungen für das Aussteuern und den Gebrauch des Equalizers konnten von Studioleiter Thorsten Wyk bei Optimal Media genau befolgt werden. Selbst mehrere Jahrzehnte nach der Herstellung der Masterbänder treffen die Produzenten-Notizen noch zu, was für die Qualität des Materials spricht. Neben dem sector5 Mastering Studio in Röbel bieten nur wenige Studios in Deutschland den Vinylschnitt an. Die Abbey Road Studios in London verfügen als traditionsreiche Aufnahme-Location ebenfalls über VMS-80/82 DMM Schneidmaschinen.

(Dieser Text entstand als Vorwort für die “AAA Eterna Cuts” Edition.)

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Im Pick-up durchs Königreich

Sunset at Sukhothai Historic Park

Thailand bedeutet nicht nur Inseln und Strand. Im Norden des Landes gibt es viel zu sehen und erleben. Michael Rassinger fuhr über 2.000 km im Toyota Hilux von Bangkok über Chiang Mai und Mae Hong Son zurück in die Hauptstadt.

Thailand muss für einen Westeuropäer, der zum ersten Mal in Asien ist, ein Land der Gegensätze sein: Konsumtempel und Wellblechhütten, Luxusautos und Rostlauben, Superreiche und extrem Arme – alles auf engstem Raum in der Großstadt. Was auf den ersten Blick so gegensätzlich erscheint, ist für Thais aber nicht mehr als die gelebte Realität. Der eine hat eben viel, der andere wenig oder gar nichts. Auch die Floskel „mai pen rai“ ist sehr verbreitet. Der thailändische „way of life“ ist geprägt davon, denn übersetzt heißt es nichts anderes als „macht nichts“ oder „schon in Ordnung so“. Thais meiden Auseinandersetzungen und Streit, daher tut man unangenehme Dinge einfach und unkompliziert ab. Sie werden schon nicht so schlimm sein. So ist auch zu erklären, dass im chaotischen Straßenverkehr in Thailand überraschend wenig gehupt wird. Es ist für einen deutschen Autofahrer fast befremdlich, ständig Verkehrsverstöße zu erleben, die aber niemanden zu stören scheinen. Ein Hupkonzert wäre in Deutschland noch das Geringste. In Thailand dagegen herrscht buddhistische Gelassenheit, wenn große Pick-ups wie ein Toyota Hilux durch die engen Straßen drängeln.

In Thailand ist das Auto mehr als Statussymbol

Thais sind auch autovernarrt. Die eigenen vier Räder sind überlebensnotwendig, allein wegen der Klimatisierung im Inneren. Nie würde ein Thai auf die Idee kommen, in der Hitze fünfzig Meter zum Supermarkt zu laufen, wenn doch das Auto vor der Tür steht. Es mag Ausnahmen geben, aber wenn Annehmlichkeiten wie eine Klimaanlage geboten werden, benutzt man sie auch konsequent. Auch wird dem Thailandbesucher die große Zahl an Autowerkstätten, Autohändlern, Reifen- und besonders Felgenhändlern an den Straßen auffallen. Die Zulassungszahlen steigen und nichts tun viele Thais lieber, als ihren geliebten fahrenden Untersatz nahe am Kitsch zu pimpen. Von Felgen in jeder noch so knallbunten Farbe über Riesen-Spoiler, Unterbodenbeleuchtung und Mega-Auspuff bis hin zum pinken Kristall-Türknopf: Erlaubt ist, was gefällt.

In der Galerie habe ich die besten Bilder und Motive der achttägigen Reise angelegt:

Schöne Autostrecken in Nordthailand

Thailand bietet abseits der quirligen und chaotischen Hauptstadt Bangkok für den Autofahrer erlebnisreiche und schöne Strecken. Besonders in Nordthailand mit zeitweise mediterranem Klima und bergiger Landschaft gibt es mit dem Auto viel zu entdecken. AUTO unternahm daher eine Tour durch den Norden und wählte Tagesstrecken und Unterkünfte so aus, dass auch eine Familie mit Kindern die Reise bewältigen kann. Als Transportmittel stellte Toyota Motor Thailand freundlicherweise einen Toyota Hilux 2.5E Double Cab Prerunner VN Turbodiesel mit 144 PS zur Verfügung. Fünf Personen und haufenweise Gepäck auf der Ladefläche passen problemlos in den Toyota. Solche Pickups sind Standard in Thailand und auch relativ günstig, da sie in großen Stückzahlen im Land gebaut werden und nicht den hohen Importzöllen unterliegen. Auf der gesamten Reise von 2.100 km Länge benötigte der Toyota Hilux im Schnitt 7,6 Liter Diesel, die Treibstoffkosten beliefen sich auf rund 130 Euro. Eine Animation der Route mit Bildern gibt es hier.

Über Ayutthaya nach Sukhothai und Chiang Mai

Von Bangkok aus ging es zunächst nach Ayutthaya, das ins 18. Jahrhundert hinein eine bedeutende Metropole in Südostasien war, bis die Burmesen es 1767 fast vollständig zerstörten. Die Überreste der einstigen Pracht sind zum großen Teil im Historical Park und dem Chao Sam Phraya Nationalmuseum zu finden. Auf der hervorragend ausgebauten Autobahn gelangt man mit dem Toyota Hilux dann in nördlicher Richtung nach Sukhothai, der Hauptstadt des gleichnamigen Königreichs im 13./14. Jahrhundert. In der alten Stadt, die vom Geschichtspark Sukhothai dominiert wird, gibt es jede Menge Tempel zu entdecken. Per Fahrrad oder Moped kann man den Park bequem erkunden und am Abend einen herrlichen Sonnenuntergang bei den Tempeln erleben.Chiang Mai, die größte Stadt Nordthailands, ist das nächste Ziel im Toyota Hilux. Die viereckig angelegte Altstadt wird von einem mit vielen Brücken versehenen Wassergraben umschlossen. Wer auf der Suche nach Kunsthandwerk ist, kann in Chiang Mai fündig werden. Besonders bei Silber- und Jadeschmuck gilt die Provinzhauptstadt als führend in Thailand. Wer dagegen mit Kindern unterwegs ist, sollte unbedingt den Chiang Mai Zoo besuchen. In einer schön angelegten Parklandschaft mit vielen Hügeln, eigener Sea World und einer riesigen Vogel-Voliere sind Tiere aus aller Welt zu sehen.

Fahrspaß mit dem Toyota Hilux im Gebirge

Anspruchsvoll für den Fahrer sind die Straßen nach Pai und Mae Hong Son. Die Staatsstraße 1095 bietet ein aufregendes Fahrerlebnis mit ihren zahlreichen Serpentinen und Haarnadelkurven. Hier gilt es, die Bremse gut zu dosieren und viel mit der Schaltung zu arbeiten, denn Steigung und Gefälle haben es wahrlich in sich. Dafür wird man mit traumhaften Aussichten und Landschaften belohnt. Bei der Fahrt auf Straßen mit starkem Gefälle sollte man gut auf vorausfahrende Fahrzeuge achten. Da in Thailand fast nur mit Automatik gefahren wird, sind sich viele Autofahrer nicht bewusst, dass beim Bergabwärtsfahren in einen kleineren Gang geschaltet werden muss. Passen Sie also auf, wenn die Bremslichter des Wagens vor ihnen dauernd leuchten und der Duft verbrannter Bremsbeläge in der Luft liegt. Orientiert man sich von Mae Hong Son wieder nördlich, führt die Staatsstraße 105 direkt an der burmesischen Grenze entlang. Diese Straße ist ein wahres Abenteuer, denn urplötzlich verwandelt sich der Asphalt in eine Schlaglochpiste, die nur im Schritttempo mit dem Toyota Hilux zu bewältigen ist. Auch das Handy funktioniert hier auf vielen Kilometern nicht mehr, man kommt sich weit abseits jeder Zivilisation vor. Erst als der Grenzfluß neben der Straße fließt, hat wieder alles seine gewohnte Ordnung.

Über Mae Sot zurück nach Bangkok

Mae Sot ist die Grenzstadt zu Burma. Hier steht die Thai-Myanmar-Freundschaftsbrücke, über die man (nur mit Visum) in die burmesische Stadt Myawaddy gelangt. Während die Stadt eher wenig Sehenswürdigkeiten bietet, lohnt ein Besuch auf dem Rim Moei-Markt, auf dem noch Tauschhandel in ursprünglichster Form praktiziert wird. Der Weg zurück nach Bangkok führt im Toyota Hilux wieder auf gut ausgebaute Staatsstraßen und Autobahnen, an denen alle paar Kilometer Rasthäuser und Coffee-Shops einladen. Nehmen Sie die Einladung an, denn Zeit bedeutet Freiheit, und die hat man sich im Urlaub verdient.

Service

Reisezeit
Für Nordthailand empfiehlt sich zum Reisen die Zeit zwischen November und Februar, wenn das Klima fast mediterran ist. Die Temperaturen betragen dann tagsüber um 29 Grad, nachts kann es bis auf 15 Grad abkühlen. März bis Mai ist es sehr heiß (um 34 Grad), danach beginnt die Regenzeit, die bis etwa Oktober dauert.

Mietwagen
Autos können an den großen thailändischen Flughäfen oder von Deutschland aus gebucht werden (beispielsweise über billiger-mietwagen.de). Für einen Kleinwagen mit den bestmöglichen Versicherungsleistungen sind im November etwa 30 Euro pro Tag zu rechnen. Super und Diesel kosten beide rund 60 Cent pro Liter (Stand: Dezember 2015). Achtung: In Thailand gilt Linksverkehr!

Essen und Trinken
Die thailändische Küche gehört unbestreitbar zum Besten, was Thailand zu bieten hat. Zahlreiche, oft scharfe Gewürze machen den Geschmack aus. Es lässt sich aber alles auch moderat gewürzt bestellen. Ein absolutes Muss für jeden Besucher sind die thailändischen Suppen und Nudelgerichte, die es ab 20 Baht (etwa 50 Cent) an jeder Garküche gibt. Scheuen Sie diese Art des Essens nicht, denn alles wird frisch und vor Ihren Augen zubereitet. Eine vierköpfige Familie bekommen Sie hier problemlos für acht Euro satt.

Übernachtung
Vom einfachen Guesthouse bis zur 5-Sterne-Nobelherberge mit Spa ist in Thailand alles möglich. Die Preise sind überwiegend human, man bezahlt pro Zimmer und nicht pro Person. In der Hochsaison von November bis Februar sollte man vorausbuchen.

Hotels auf der Nordthailand-Reise (Reisezeit und Währungskurs: April 2013)

Orchid Hibiscus Guest House, Sukhothai
Einfache und zweckmäßige Bungalows, Swimming-Pool, gut für Kinder geeignet, prima Frühstück mit hausgemachter Marmelade, wildem Honig und Überraschung, quirliger italienischer Besitzer. Pro Nacht 25 Euro

Oasis Baan Saen DoiSpa Resort, Chiang Mai
Luxuriöse Unterkunft mit Spa, sehr freundliches Personal, ausgezeichnetes Frühstück, ruhig gelegen in einer Wohnsiedlung. Pro Nacht 60 Euro

Baan Pai Nai Wieng, Pai
Einfache, aber blitzsaubere Unterkunft, zwei Minuten von der Walking Street entfernt. Sehr freundlicher Besitzer, gibt Tipps und spricht gut Englisch. Pro Nacht 17 Euro

Fern Resort, Mae Hong Son
Ökologisch ausgerichtetes Resort mitten in der Natur, schöne Holz-Bungalows, Swimming-Pool, Restaurant. Gut geeignet für Kinder. Pro Nacht 35 Euro

Im Boutique Hotel, Mae Sot
Einfache Unterkunft für den kurzen Zwischenstopp. Relativ neues Gebäude, sehr saubere und große Zimmer. Pro Nacht 21 Euro

Dieser Artikel entstand für AUTOStraßenverkehr.

Christiane Karg: Amoretti

Christiane Karg: Amoretti

Christiane Karg ist eine Macherin. Fernab jeder Divenhaftigkeit konzentriert sie sich auf ihre Vorstellung von Musik und setzt diese konsequent um. Bestes Beispiel dafür ist ihre zweite Solo-CD, die unmittelbarer Nachfolger der mit dem ECHO Klassik ausgezeichneten „Verwandlung – Lieder eines Jahres“ von 2010 ist. Christiane Karg verwandte mehr als zwei Jahre auf das Projekt, wühlte sich durch Bibliotheken, hörte verschiedenste Aufnahmen und stellte sich so ihr Wunschprogramm für „Amoretti“, eine CD mit Arien zum Thema Liebe, zusammen. Damit aber noch nicht genug: Sie wählte auch Orchester, Dirigent und Aufnahmeort aus und ließ sich von der bekannten People-Fotografin Gisela Schenker für das Album ablichten. Ursprünglich war die Veröffentlichung bereits für Mai 2012 geplant, aber eine Perfektionistin wie Christiane Karg stört sich daran nicht: Erst wenn das Produkt vollständig ihren Vorstellungen entspricht, darf es auf den Markt.

Gesangliche Intrigen

Der große Aufwand hat sich zweifellos gelohnt. Die Sopranistin liefert ein Album ab, bei dem ausschließlich richtige Entscheidungen getroffen wurden. Christiane Karg konzentriert sich bei der Auswahl der Werke auf den Zeitraum einer Dekade und vereint die drei Komponisten Mozart, Gluck und Grétry auf einer CD. Dass Mozart bei der Komposition von „La finta semplice“ gerade einmal zwölf Jahre alt war, erstaunt den Hörer immer wieder aufs Neue. Die Arie „Amoretti“ der Rosina, in der sie die Liebesengel trotz ihrer Intrigen um Verschonung bittet, wurde zum Namensgeber für Christiane Kargs neues Album. Mit diesem innigen und stimmlich wunderbar ausgewogenen Einstieg beweist die Sopranistin gleich zu Beginn, dass Liebesengeln aller Art bei ihr nur das Dahinschmelzen bleibt.

Zum Schmelzen trägt das junge Ensemble Arcangelo bei, das 2010 von dem britischen Dirigenten, Cellisten und Cembalisten Jonathan Cohen gegründet wurde. Die Mitglieder von Arcangelo sind handverlesen und spielen sowohl auf historischen als auch modernen Instrumenten. Allen Musikern ist die Liebe zur Kammermusik gemein, für das neue Ensemble nehmen sie weite Anreisen in Kauf und stellen andere Projekte zurück. Jonathan Cohen ist zweifellos der Hauptgrund, denn seine Vorstellungen als Dirigent und seine weitreichenden Erfahrungen mit barocker und klassischer Musik prädestinieren ihn als innovativen, frischen und charismatischen Orchesterleiter. Ein Projekt im Rahmen der Glyndebourne Touring Opera 2010/11 hat Christiane Karg davon überzeugt, dass er mit seinem Ensemble genau der Richtige für die Amoretti-Aufnahme ist.

Mit Blitzen und Naturhorn

Der vorklassische Blitz schlägt dann bei „Comme un éclair“ aus Grétrys Oper „La Fausse Magie“ ein. Schon im dynamisch sehr differenzierten Vorspiel wird klar, dass sich der Komponist bereits von der oftmals schwülstigen Barockoper emanzipiert hat. Die flackernde und wieder erlöschende Hoffnung im Text der Arie wird von Christiane Karg meisterhaft in brillanten und klaren Koloraturen ausgedeutet. Tonmeister Adrian Peacock beweist hier sein Händchen für ein ausgewogenes Panorama, denn mit der Sopranistin als Mittelpunkt sind Continuo und hohe Streicher sehr natürlich klingend um sie gruppiert. Bei der Aufnahme selbst war Christiane Karg aus Gründen der optimalen Hörbarkeit für Orchester und Dirigent mittig in der letzten Orchesterreihe platziert. Der Tonmeister nutzte das hintere Drittel im Hauptchor für Orchester und Solistin in Saint Jude-on-the-Hill, einer bekannten Konzert- und Filmkirche in Hampstead Garden Suburb bei London.

„Lungi da te“ aus Mozarts Oper „Mitridate, re di Ponto“ war der Auslöser für Christiane Karg, ein Arienalbum zum Thema Liebe aufzunehmen. Für Freunde des Horns ist hier ein großes und wenig bekanntes Solo enthalten, das bei Arcangelo mit einem Naturhorn besetzt ist. Wer einmal diese Fassung erlebt hat, möchte eigentlich kein Ventilhorn mehr in diesem Stück hören. Die Sopranistin und Dirigent Cohen wählen ein eher bedächtiges Tempo, was die Arie des Sifare aber umso eindrücklicher macht. Christiane Karg hat die Fähigkeit, auch langsame Passagen stimmlich voll auszukosten und dringt in diesem Stück meines Erachtens tiefer noch als Cecilia Bartoli und Emma Kirkby in die Musik vor.

Zauberin auf dem wilden Meer

Drei Premieren machen das Album auch für Opernkenner zu einer Entdeckung: Zwei Arien von Grétry aus den Opern „Silvain“ und „Lucile“ sind neben einem Werk von Gluck Ersteinspielungen. In „Telemaco ossia L’isola di Circe“ widmet sich der Begründer der Opernreform im 18. Jahrhundert einem Familiendrama: Telemaco wird von seiner Mutter Penelope ausgesandt, um den Vater Odysseus zu finden und heimzubringen. Dabei gilt es, die Zauberin Circe zu überwinden, deren Arie „In mezzo a un mar crudele“ aus dem ersten Akt Christiane Karg darbietet. Gluck behandelt das melodische Element mit Priorität und stellt die Wildheit des Meeres mit einem durchlaufenden Bass und Sechzehntelketten dar, mal als Streicher-Tremolo, mal als Unisono-Skalen im ganzen Orchester. Die Sopranistin kann dabei ihre zupackende stimmliche Kraft und Leichtigkeit bei Koloraturen unter Beweis stellen. Es ist ein Vergnügen, Christiane Karg als Circe zu lauschen, wie sie als machtvolle Zauberin die Liebe erzwingen will, letztendlich aber scheitern wird. Eine makellose Beherrschung der Technik, Stilbewusstsein und feinsinnige Musikalität gestatten es der Sängerin, jede Art von Liebesengel mit musikalischem Bogen ins emotionale Mark zu schicken. Das zweite Album von Christiane Karg ist nach „Verwandlung“ ein weiterer großer Meilenstein in ihrer Karriere. Man darf gespannt sein, was sich die Sopranistin für das nächste CD-Projekt vornimmt. Der Vokal-Amoretto jedenfalls schießt steil nach oben.

Interview mit Christiane Karg: „Mozart ist einfach Perfektion!“

9. Februar 2012, St. Jude’s, Hampstead Garden Suburb, GB

Welchen Beruf hätten Sie ergriffen, wenn Sie nicht Sängerin geworden wären?

Ich wäre ziemlich sicher in die Gastronomie gegangen! Eventuell hätte ich mir auch ein Theologiestudium vorstellen können. Mit dem Gesang habe ich aber meinen Traumberuf gefunden, der sich durch viel Abwechslung auszeichnet.

Was steckt hinter Ihrem neuen Album „Amoretti“?

Als ich die Mozart-Arie „Lungi da te“ aus „Mitridate, rè di Ponto“ sang, habe ich mich in das Stück verliebt. Daraus entstand der Wunsch, eine CD mit Arien rund um das in der Oper ständig präsente Thema Liebe aufzunehmen. Neben dem frühen Mozart habe ich auch Gluck aufs Programm gesetzt und mit dem belgisch-französischen Komponisten Grétry eine wunderbare Neuentdeckung gemacht. Mein musikalischer Wunschpartner war Jonathan Cohen, den ich von einem Projekt her kenne. Nur mit ihm wollte ich dieses Unternehmen wagen, was glücklicherweise geklappt hat. Der Name des Albums rührt übrigens von der gleichnamigen Arie aus Mozarts Oper „La finta semplice“ her.

Ihr Begleiter, das Ensemble Arcangelo, spielt sowohl mit historischen als auch modernen Instrumenten. Welchen Stellenwert nimmt für Sie die historische Aufführungspraxis ein?

Zunächst muss man diese klug einsetzen, denn der Historismus alleine bringt es nicht. Die Hörgewohnheiten haben sich im Lauf der Zeit verändert, trotzdem muss das Stück schlüssig und stilgerecht interpretiert werden. Letztendlich zählen aber Gefühl und Musikalität, um eine Komposition zum Leben zu erwecken.

Wie singt es sich in der ungleichstufigen Stimmung mit dem etwas tieferen Kammerton?

Da wir auf A=430 Hz gestimmt haben, ist es für mich ein wenig entspannter zu singen. Gleichzeitig entsteht durch die Stimmung eine große Farbigkeit, die Instrumente können weicher und doch auch kantiger klingen, was mir sehr gefällt.

Wo sehen Sie bei Mozart, dem ein großer Teil der neuen CD gewidmet ist, das Geniehafte?

Mozart ist einfach Perfektion! Er schreibt einfach perfekt für die Stimme, je nach Alter und Reifegrad findet man als Sänger immer eine optimal passende Rolle. Es klingt oft einfach, ist in Wahrheit aber höchst komplex. Die Leichtigkeit ist das eigentlich Schwere bei Mozart.

Schreiben auch andere Komponisten so gesanglich wie er?

Mozart ist ohne Zweifel der Gesanglichste von ihnen. Händel, Strauss und Puccini sind aber auch sehr gut zu singen. Bach wiederum ist perfekt, liegt mir aber nicht ganz so gut wie die anderen genannten Komponisten.

Seit fast einem Jahrhundert erlebt der Konzertgänger eine Art Standardrepertoire. Wie grenzen Sie sich vom Mainstream ab und bringen die individuelle Note ein?

Ich versuche, Unbekanntes bekanntzumachen und Langeweile zu vermeiden. Die Abwechslung macht’s, das Publikum ist offener, als man denkt. Eine gesunde Mischung ist optimal, wobei schon einige bekannte Sachen dabei sein müssen.

Warum interessieren sich Ihrer Meinung nach nur wenig Kinder und Jugendliche für klassische Musik? Oder ist diese ausschließlich dem Bildungsbürgertum vorbehalten?

Nein, auf keinen Fall! Es liegt am Unwissen! In jedem Kind schlummert Begeisterung, man muss sie nur wecken. Das kann mit Musik, aber auch Sport oder anderem funktionieren. Man muss es aber wissen, und hier wird immer noch zu wenig getan.

Wie hören Sie Musik?

Ich bin sehr viel unterwegs und habe daher gar keine Anlage zuhause stehen. Mein mobiles Gerät hat gute Kopfhörer und wird von einer fruchtigen Firma hergestellt.

Ist die Sängerwelt, in der Sie sich aufhalten, nicht eine Kunstwelt?

Ja, sie ist wie jede andere Welt auch von der Selbstdarstellung der Individuen geprägt. Ein bisschen Touch von Hollywood ist wohl dabei. In der Öffentlichkeit muss man oft vorwiegend den Schein wahren, um sich selbst zu schützen.

Da Sie auch einer gastronomischen Karriere nicht abgeneigt waren: Verraten Sie Ihr Lieblingsgebäck?

Für die Ingwer-Stäbchen meiner Schwester würde ich sterben! Aber auch bei klassischem Hefeteig geht mir das Herz auf.

Text, Interview und Fotos der Aufnahmesitzung: Michael Rassinger
Fotos von Christiane Karg: Gisela Schenker

Mit Esprit und Elan – Epos Elan 15

Epos Elan 15

Die Epos Elan 15 folgt als Kompaktlautsprecher den erfolgreichen ES-, M- und Mi-Serien nach. War hier noch ein Fortschritt möglich?

Mein erstes Date mit ihr hatte ich recht spät. Es dürfte so etwa im Alter von 27 gewesen sein, als ich sie kennenlernte. Ihre Form war eher ungünstig, gelinde gesagt ziemlich altbacken. Auch ihre Front konnte mir keine Begeisterung abringen. Dazu noch lange dünne Beinchen und spitze Füße. Optisch also kein großer Genuß. Als sie aber zu sprechen begann, war es Liebe auf das erste Dezibel. Da gab es kein Zaudern und Zögern mehr: Ich löste sie bei ihrem bisherigen Besitzer aus, packte sie ein und nahm sie mit zu mir.

Nein, nein, sie war kein lebendiges Wesen, bestand sie doch vorwiegend aus Holz, Metall und Kunststoff. Aber reden konnte sie mit engelsgleicher Zunge, besser gesagt mit höchst inspiriert schwingenden Chassis. Die Rede ist von der ES12, einer erstmalig im Jahr 1996 vorgestellten Kompaktbox aus dem Hause Epos. Sie ist eine der älteren Schwestern der Epos Elan 15, die ich in diesem Test vorstellen werde.

Meister Creek steigt ein

Neben der ES12 besaß ich auch deren Nachfolgerin M12, die sozusagen zum ersten Meisterstück von Michael Creek wurde. Wenn von Epos die Rede ist, kommt man meist auf den Briten zu sprechen, dessen Verstärker bekanntlich ausgezeichnet mit Epos-Lautsprechern harmonieren. Zunächst mag dies ein Zufall gewesen sein, aber ein Glücksfall war es auf alle Fälle. Erst 1999 nämlich kaufte Creek die Firma Epos von Gründer Robin Marshall, mit dem er die nächsten Jahre eng zusammenarbeitete. Mit der Vorstellung der Modelle M12 und M15 wurden Elektronik und Lautsprecher systematisch aufeinander abgestimmt. Natürlich bringen die Komponenten auch einzeln ihre Leistung, aber das Zusammenspiel von Creek Verstärkern und Epos Lautsprechern ist für meine Ohren immer noch etwas Besonderes, das die beiden Marken auszeichnet.

Vor dem ersten Date mit Lady ES12 spielten ein McIntosh-Vollverstärker und Audio Physic Avanti bei mir daheim, die für sich gesehen tolles High End darstellten, aber in einem relativ ungünstigen und unterdimensionierten Raum arbeiten mussten. Vielleicht lag es auch daran, dass mich die Performance der ES12 so umhaute. Das Erlebnis ist mir bis heute präsent: Die Lautsprecher hingen via DNM-Kabel an einem kleinem Creek 4040, Quelle war ein Reson-Plattenspieler. Auf dem Teller drehte sich die Live-Aufnahme der „Friday Night in San Francisco“ mit den Gitarren-Virtuosen Al di Meola, John McLaughlin und Paco de Lucia. Die Pressung war keine der Besten, aber was da aus den Lautsprechern kam, klang sensationell.

Ich könnte im Nachhinein nicht mehr sagen, welche Details mich genau beeindruckten, aber vermutlich war es der Gesamteindruck. Das Timing stimmte, es gab keinen Bruch, die Bühne war da. Nun ist ein derartiges Feuerwerk mit drei akustischen Gitarren nicht so schwer zu reproduzieren, könnte man meinen. Keine Stimmen, keine tiefen Bässe, kein komplexer Orchesterapparat. Dennoch klang es daheim auf meiner Anlage längst nicht so gut.

Musikalität und Geräte

Eigentlich weigere ich mich, ein Gerät musikalisch zu nennen. Eine elektronische Komponente ist so musikalisch wie ein Stück Brot, Musikalität gibt es nur beim Menschen. Falls die reproduzierende Elektronik aber die menschliche Musikalität bei der Aufnahme übermitteln kann, ist das Ziel erreicht. Manch einer sagt nun, die Geräte spielen musikalisch, ich sage einfach, es passt. Dieser Umstand hatte zur Folge, dass ich nach der ES12 auch die M12 samt Creek-Verstärkern erwarb. Und nun steht also das neue Prachtstück aus dem Hause Epos bei mir: die neue Epos Elan 15.

Die Elan-Familie hat vier Mitglieder, die auf die Namen 10, 15, 30 und 35 hören, wobei die Zahlen das ungefähre Gehäusevolumen in Litern angeben. Im Vergleich zur ES12/M12 ist die Epos Elan 15 vom Volumen her um 25% gewachsen. Daher fühlt sie sich beim Handling auch wie ein mittelgroßer Kompaktlautsprecher mit knapp 9 Kilogramm Gewicht an. Die Chassis sind komplett neu konstruiert, Epos kehrt hier von seinem Aluminium-Hochtöner ab und stellt auf eine Gewebekalotte um, die mit einer erhöhten Empfindlichkeit einhergeht. Der Tief-Mitteltöner der Epos Elan 15 ist auf 18,7 cm Durchmesser angewachsen und soll durch seine Bauweise höhere Schalldruckpegel als seine Vorgängerkollegen erreichen. Die geringen Anforderungen an den Verstärker sind jedenfalls eine Tatsache, denn mein Creek 5350SE war noch zu keinem Drittel offen, als schon eine amtliche Lautstärke herrschte.

Epos Elan 15: Einfach, aber effektiv

Bei der Frequenzweiche hält man es so einfach wie möglich und so aufwändig wie nötig. Die Verwendung von Filtern 2. Ordnung erlaubt eine Flankensteilheit von 12 dB pro Oktave. Da manche Lautsprecherentwickler auch aufwändige Filter 3. und 4. Ordnung einsetzen, spielen bei einer relativ einfachen Konstruktion wie der Epos Elan 15 Material und Gehäuse eine große Rolle. Die Verwendung hochwertiger Bauteile ist selbstverständlich, neben Metalloxid-Widerständen und Polypropylen-Folienkondensatoren ist die Elan-Serie im Inneren mit solid-core Kupferdraht verkabelt und handgelötet. Das Anschlussterminal ist sowohl für unkonfektionierte als auch konfektionierte Kabel mit Bananensteckern oder Kabelschuhen geeignet, jedes Chassis kann einzeln verkabelt werden.

Konstruktionsbedingt unterstützt das Gehäuse der Epos Elan 15 aus 18 mm MDF mit Echtholzfurnier bei der Filterung. Die Trennfrequenz liegt bei 3,2 kHz, der Übergang war selbst mit einem Sinus-Sweep-Signal kaum wahrnehmbar. Pro Lautsprecher werden zwei Blenden mitgeliefert, von denen die eine mit Stoff überzogen ist, die andere den freien Blick auf die Chassis zulässt. Diese sogenannte „audiophile“ Blende wird durch unsichtbare Steckverbinder befestigt und schließt bündig mit dem Hochtöner ab, während die Öffnung für den Tief-Mitteltöner abgerundet konturiert ist, um mögliche Reflexionen zu vermeiden.

Pflichten des Epos Elan-Halters

Kommen wir nun zu den zwei essentiellen Dingen, die Pflicht für jede Epos Elan 15 sind. Erstens: Im Lieferzustand sind die beiden Chassis am Terminal durch Blech-Gabelbrücken verbunden. Weg damit! Der Einsatz von Bi-Wiring-Kabel oder eines Bi-Wiring-Adapters bringt so viel mehr Klangausbeute, dass sich der Einsatz der Blechbrücken verbietet. Ich benutzte DNM single-core Lautsprecherkabel (single- und bi-wiring) und den Phonosophie Bi-Wiring-Adapter. Beide Lösungen boten ein hörbar besseres Ergebnis, sodass jeder Musikfreund seinen Epen diese günstige Upgrade gönnen sollte.

Zweitens: Ein kompakter Lautsprecher wie die Epos Elan 15 benötigt unbedingt einen ordentlichen Ständer, denn im Bücherregal oder auf sonstigen Abstellflächen verschenkt man Klang. Zudem empfiehlt sich ein Wandabstand von mindestens 20 cm. Ein maßgeschneiderter Ständer mit der Bezeichnung ST15 ist von Epos lieferbar, bei mir lief die Epos Elan 15 auf dem ebenfalls gut passenden ST12i. Vorteil des neuen Ständers soll unter anderem eine noch bessere Dämpfung durch Aufschäumung in den Metallrohren sein. Die Box wird auf Spikes platziert, der Ständer nimmt ebenfalls durch Spikes Fühlung mit dem Fußboden auf. Zumindest beim alten Ständer ist aber zu bemängeln, dass das mitgelieferte Werkzeug nicht der Rede wert ist. Ein flaches Schraubschlüsselchen taugt nicht gerade zum festen Anziehen von Verbindungen. Auch musste ich viel justieren, um Boden- und Fußplatte genau übereinander auszurichten. Der neue Ständer wird hoffentlich etwas leichter aufzustellen sein.

Rosa Rauschen mit offenen Ohren

Zum Einspielen gab’s 24 Stunden gegenphasiges Rosa Rauschen, die Stirnseiten der Epos Elan 15 schauten sich an und rauschten unter einer Decke los. Währenddessen suchte ich schon ein paar Aufnahmen für das Hören raus. Am nächsten Tag kam als erstes natürlich „Friday Night in San Francisco“ dran. Und da war er wieder: Dieser Eindruck, dass alles passt und stimmig ist. Man muss der Aufnahme zugute halten, dass sie für einen Live-Mitschnitt wirklich ausgezeichnet gelungen ist und auf vielen Anlagen gut klingt. Dennoch setzte sich die Epos Elan 15 sehr eindrucksvoll in Szene, positionierte die Akteure akkurat auf der Bühne und transportierte die unbändige Spielfreude und Virtuosität des Trios ins Wohnzimmer. Ich war mindestens so begeistert wie beim ersten Hören der ES12, wenngleich etwas abgeklärter als vor über einer Dekade. Muss wohl am Alter liegen.

Der neue Erlkönig

Nun hatte ich Lust auf den Erlkönig, diesmal in einer modernen Fassung von 2004: Rammstein vertonte und interpretierte das Goethe-Gedicht auf bisher unerhörte Weise. Der Titel gab der Epos Elan 15 gleich mehrfach Gelegenheit, sich zu profilieren: Ein Gitarren-Riff über sparsamer Hi-Hat-Begleitung eröffnet den Song, bis Till Lindemanns Stimme einsetzt. Hier wird deutlich, das die Epos ihr Timing beherrscht und die drei Elemente transparent und präzise zum Hörer transportiert. Zur zweiten Strophe setzt im Schlagzeug eine schlanke, knackige Bass drum mit knochentrockener Snare ein, während der Sänger mit seiner tiefen und leicht rauchigen Suggestivstimme das Gedicht rezitiert. Synthesizer und Bass kommen hinzu, die akustische Szenerie wird immer komplexer. Auch hier behält die Epos Elan 15 den Überblick und erlaubt es sich, den Bass nicht nur gepflegt, sondern richtig saftig rumpeln zu lassen. Trotz ihrer nur 15 Liter „Hubraum“ hat sie das Potential, den Nachbarn den eigenen Musikgeschmack nachdrücklich nahezubringen. Wenn dann der Engelschor einsetzt und sich das Kind greifen will, kommt die letzte Herausforderung für die Box: Zu den ätherischen Chorklängen, die scheinbar ganz rein sind, mischt sich im Hintergrund eine seltsam schiefe Stimme. Dieser falsche Gesang geht bei Lautsprechern, die es stimmlich nicht draufhaben, oft im Getöse unter. Nicht bei der Epos, denn hier höre ich im großen Getümmel immer noch, was genau diese Hintergrundstimme macht.

Auch bei anderer Kost leistete sich das britische Mädel keine Aussetzer: Egal ob klassische Violinkonzerte des Italieners Rolla, Chormusik von Sibelius, Klavierwerke mit Mihaela Ursuleasa oder Sinfonik mit dem Schwedischen Kammerorchester – es ist einfach in sich stimmig. Sollte ich nun Schwächen aufzählen, fiele mir nur ein, dass die Epos Elan 15 im Tiefbassbereich und bei hoher Lautstärke an ihre Grenzen kommen kann. Das ist aber bei einer Kompaktbox nichts Neues. Daher kann es für diesen Lautsprecher nur heißen: mission accomplished, audience happy.

Text & Fotos: Michael Rassinger

Sie kam, sah und klaute – Diebstahlschutz von YellowFox

Anna Matuschek

Seit Mitte der 90er-Jahre sinkt die Zahl an gestohlenen Fahrzeugen in Deutschland kontinuierlich. Dennoch wechseln immer noch rund 20.000 Autos pro Jahr unfreiwillig ihren Besitzer, Tendenz steigend. Gibt es dagegen einen wirksamen Schutz? Wir testeten den GPS-Diebstahlschutz von YellowFox.

Den Wagen abgestellt, das abendliche Erfrischungsgetränk bestellt, als Lektüre eine Autozeitschrift. Der Freitagabend hätte noch schöner werden können, denn während der zweiten Koffeinbrause tauchte sie auf. Im kleinen Schwarzen, charmant und interessiert, des Kfz-Handwerks kundig, was auf Männer eine eigenartige Faszination ausübt. Das Gespräch kreiste gerade um die Zündkerzenreinigung, als ein Gang zur Toilette unvermeidlich wurde. Man(n) kennt das ja. Beim Zurücklaufen fantasierte ich noch, ob mir das Wesen in der Manier einer Jody Banks für alle Fälle den Zahnriemen meines guten alten Passats wechseln könnte. Leider wechselte aber nur meine Gesichtsfarbe: Das Car-Girl war weg, und mit ihr der Autoschlüssel, der im Sakko verstaut war.

Geklaut, aber trotzdem noch greifbar

Der normale Autobesitzer würde nun wahrscheinlich hektisch werden, Zeter und Mordio schreien, die Polizei anrufen, das Kennzeichen durchgeben. Ich konnte aber zufrieden den Gesichtsausdruck eines zur Jahreszeit passenden schokoladigen Schmunzelhasen annehmen: Im Auto ist ein GPS-Ortungsgerät verbaut. Das Girl hatte zwar nichts getrunken, aber die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Auf meinem Smartphone fand sich nämlich schon die Alarm-Meldung, die als SMS und Email verschickt wurde.

Das Dresdner Telematik-Unternehmen YellowFox, ein bewährter Partner der Motor Klassik Rallyes, bietet in seiner Produktpalette auch Lösungen für Privatleute an. Die P-Box als Einsteigermodell zum Preis von 299 Euro (netto, Stand: 2012) lässt nicht nur eine exakte Fahrzeugortung zu, sondern bietet auch einen Diebstahlschutz samt Gebietsüberwachung und Alarm. Daneben nimmt sie dem Autobesitzer das lästige Schreiben des Fahrtenbuchs ab, falls dieser als Gewerbetreibender oder für die Firma unterwegs ist. So kann der Autobesitzer das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden und sein Fahrzeug wirkungsvoll schützen.

Per Gebietsüberwachung von YellowFox immer im Bilde

Im vorliegenden Fall wurde die Gebietsüberwachung der P-Box genutzt. Über das Online-Portal von YellowFox lassen sich beliebige Bereiche auf der Karte mit einer Mindestgröße von 100 x 100 Meter definieren. Befährt oder verlässt das Fahrzeug diese Zone, erfolgt ein Alarm, der per SMS und Email zugestellt wird. Alternativ bietet sich auch der Einbau eines versteckten Schalters an. Wird dieser nach der Fahrt aktiviert, ist die Box scharf und meldet jede Veränderung der Position sofort und unabhängig von überwachten Gebieten.

Mit dem optionalen Bewegungssensor ist auch ein Abschleppen zwecklos: Hebt der Dieb das Auto an, hat der Besitzer nach wenigen Sekunden die Information auf dem Mobiltelefon. Zur Kommunikation zwischen P-Box und YellowFox-Portal wird im Gerät eine SIM-Karte mit einer Daten-Flatrate verwendet. Diese kostet zwar eine monatliche Gebühr (je nach Tarif ab 12,95 Euro netto), ermöglicht aber erst die kontinuierlichen Standortmeldungen und damit auch den Alarm.

Gesucht und gefunden

Im Fall der netten Dame aus der Kneipe wurde es dann spannend: Über den Laptop konnte der Wagen eindeutig geortet werden. Er hielt an einer Adresse in Stuttgart-Mitte. Da ich auf den Überraschungseffekt setzte, machte ich mich auf den Weg und stand bald darauf vor einer Autowerkstatt. Beim Spähen durch das Rolltor erblickte ich den Passat auf der Hebebühne. Das Car-Girl hatte bereits die Nummernschilder entfernt und demontierte gerade die Reifen. Wahrscheinlich bereitete sie eine Lieferung für den florierenden Ersatzteilmarkt vor und konnte Volkswagen-Teile gut gebrauchen. Bevor aber ihre Freunde mit dem Transporter anrückten, musste gehandelt werden.

Die Türe der Werkstatt schien unverschlossen, ein Vollprofi war sie definitiv nicht. Da das Girl nicht mit mir rechnete, war die freundliche Rückeroberung des Passats nicht allzu schwer. Die Zeit bis zum Eintreffen der Polizei verbrachte die Diebin in einem Reifenstapel. Es schien ihr zwar sichtlich unwohl zu sein, aber wenigstens war sie so gut aufgehoben. Den Zahnriemen hat sie mir übrigens nicht gewechselt.

SERVICE

Was tun nach einem Autodiebstahl?

1. Sofort die Polizei informieren. Ist ein GPS-Diebstahlschutz vorhanden, dies den Beamten erklären und die Ortung vornehmen, damit die Kollegen den Dieb stellen können.
2. Die Diebstahlmeldung innerhalb einer Woche an die Kfz-Versicherung übermitteln.
3. Die Zulassungsstelle muss ebenfalls über den Diebstahl informiert werden.
4. Abwarten. Wird das Fahrzeug innerhalb eines Monats gefunden, erhält man seinen Wagen zurück. Eventuelle Schäden übernimmt dabei die Versicherung. Taucht das Auto nicht mehr auf, bekommt der Versicherte den Wiederbeschaffungswert erstattet.

(Dieser Artikel entstand für AUTOStraßenverkehr.)

Sound by BRIK

Die Zeit der großen Komplettanlagen schien vorbei, Individualität regierte allerorts. Nun schickt Taiwan multifunktionale HiFi-Briketts in die Welt, die uns fragen: Willst du eines oder alle?

Rückblende Mitte der 80er Jahre. Das Kind im Autor drückt sich die Nase an Schaufenstern platt und betrachtet mit großen Augen Komplettanlagen in allen Varianten. Riesige Türme stehen in den Konsumtempeln und locken zum Kauf. Sie sehen cool aus, haben alles, können alles: Platte, Radio, Kassette, manche sogar CD. Klang unterirdisch, aber damals völlig ausreichend. Die Optik ist entscheidend, und der Aufkleber mit „2 x 500 Watt“. Dabei genügt einmal „Ouvertüre 1812“ mit Erich Kunzel und dem Cincinnati Pops bei ordentlicher Lautstärke, um die Pappmembranen der Sperrholzlautsprecher mit einem unschönen Geräusch zu sprengen.

Zurück in die Zukunft. Ich laufe um die BRIK Komplettanlage herum, die auf dem Rack steht, und denke mir: „Donnerwetter, in 25 Jahren hat sich allerhand getan!“ Sechs putzige Briketts mit Alu-Front und blauen LEDs leuchten mir entgegen und fiebern ihrem Einsatz entgegen. Sie sehen cool aus, haben alles, können alles: Radio (Internet und UKW), DAC, Bluetooth, Phono. Gerade das vermeintlich Totgesagte, nämlich Radio und Platte, lebt nach einem Vierteljahrhundert immer noch, während sich die Kassette bereits verabschiedet hat und die CD langsam den Hut zieht. Wer steckt denn hinter BRIK?

BRIK: Komplett bezahlbar

Die junge Marke stammt aus Taiwan und wurde erst im Jahr 2010 gegründet. Hinter dem Unternehmen steht eine taiwanische Firma, die seit zwei Dekaden erfolgreich als OEM- und ODM-Zulieferer unterwegs ist. BRIK entstand als eine Initiative von Musikliebhabern und Ingenieuren, die eine bezahlbare und frei konfigurierbare Komplettlösung für zeitgemäße Musikwiedergabe entwickeln wollten.

Frei konfigurierbar? Ja, der Kunde sucht sich aus, ob er neben dem Verstärker als Quellen einen DAC, Phono, Bluetooth, Radio oder alles zusammen benötigt. Bezahlbar? Bei einem Preis von etwa 200 Euro pro Brikett ist das angemessen. Zeitgemäß? Und wie! Die Taiwaner orientieren sich am Markt, der weg von der CD in Richtung drahtlose und netzwerkgebundene Quellen sowie der guten alten Vinylscheibe tendiert. Die Frage muss aber gestattet sein: Haben die Jungs aus Asien einen High End Anspruch?

Ich für meinen Teil beantworte dies nach vielen Stunden Einsatz der BRIK Kombi mit einem Jein. Im Inneren der Geräte ist High Tech zu finden, die bei minimalistischem Schaltungsdesign ein Maximum an Möglichkeiten schafft. Das Ganze ist hübsch verpackt und lässt sich in jeder Umgebung zur Freude der Frauen platzieren. Man sollte als High Ender aber keine Wunder erwarten, denn die BRIKs sind nicht als Hauptanlage gedacht. Vielmehr können die kleinen Quader, die etwas größer als eine 3,5“ Festplatte sind, an verschiedenen Orten erfreuen: Beim Computer (PC/Mac), in der Küche, bei den Kindern, im Bügelzimmer, im Hobbyraum, im Esszimmer, in der Garage, im Badezimmer, im Schlafzimmer, in großen Toiletten … na gut, auf dem Abort wohl eher nicht.

Soundqualität für alle Lebenslagen

Das Credo der BRIK-Leute lautet: „… bringing quality sound to more people“. Keine Material- und Technologieschlacht also, sondern besserer Sound für mehr Menschen. Das ist doch was! Jetzt soll es aber direkt um die Geräte gehen, denn die putzigen Metall-Ziegel sind ziemlich vielseitig. Nur noch eines vorweg: Die Phono Stage konnte ich nicht testen, da sich derzeit kein Plattenspieler bei mir tummelt. Außer einer MM/MC-Einstellung lässt sich nichts an der Vorstufe konfigurieren. Damit ist sie wohl am ehesten für einen günstigen Einsteiger-Plattenspieler oder ein altes Gerät, das man günstig wiederbeleben möchte, gedacht.

Der DAC hat drei Eingänge, nämlich USB (asynchron), Coaxial und Optisch. Wer hochauflösendes Material übertragen möchte, muss aber aufpassen: Das Gerät schafft bis zu 24/192, aber nicht über USB, sondern nur mit S/PDIF. Man benötigt einen USB-auf-S/PDIF-Konverter, um die volle Qualität in den Konverter einzuspeisen. Hier kann man noch nacharbeiten, denn ein zusätzlicher Adapter macht den DAC weniger flexibel.

Mein Lieblingsgadget ist die Bluetooth Stage: Einfach per Smartphone das Gerät „BRIK Stereo“ anwählen, verbinden, und schon sprudelt die Musik heraus, wahlweise analog oder digital. Das ist wirklich eine komfortable Sache, da kein anderes Gerät oder sonstige Software beteiligt ist, sondern direkt vom Quellgerät auf die Stage gestreamt wird. Entweder lasse ich die Bluetooth Stage eigenständig wandeln oder führe das Signal in den BRIK DAC oder einen anderen Wandler. Die freie Konfigurierbarkeit ist das Tolle, denn DACs stehen bei vielen zuhause, aber eine Anbindung über Bluetooth ist derzeit nicht oft zu finden. Daher reicht schon dieses eine Brikett, um die große Anlage mit einer praktischen Funktion zu erweitern.

Das Internet- und UKW-Radio erfüllt vollauf seine Funktion, ist aber über die Fernbedienung fummelig zu bedienen. Für das Ablesen des Displays muss man auch direkt davor stehen oder sitzen, bei mehr als einem Meter hatte ich schon leichte Probleme. Die WLAN- und LAN-Einbindung dagegen verlief absolut problemlos.

Power und Klang

Wer sich mehrere BRIKs aufstellt, bekommt schnell ein Problem mit der Kabelei. Der Power Master macht damit Schluss, denn nun werden Amp und bis zu vier Quellgeräte über je ein schlankes Kurzkabel verbunden. Eine lohnende Investition und viel weniger Kabelsalat. Der vom Power Master befeuerte Vollverstärker hat drei Eingänge, zwei über Cinch und einen frontseitig als 3,5 mm Klinkenbuchse. Wer aber nun das Rechnen anfängt, stellt fest: Es sind zu wenig. Allein mit DAC und Bluetooth sind die beiden Cinch-Eingänge belegt. Was ist mit Phono und Radio? BRIK hat reagiert und einen Eingangswahlschalter für sechs weitere Geräte ins Sortiment aufgenommen. Als BRIKett in Standardgröße fügt sich der Quellen-Ziegel nahtlos in den Turm ein.

Fanfare, Trommelwirbel, Tusch: Der Klang. Für eine Zweit- oder Computeranlage tut’s verblüffend gut. Die 2×20 Watt des Amps schieben auch etwas hungrigere Lautsprecher an. Große Räume in Konzertlautstärke beschallt man eh nicht mit BRIKs, daher ist die Leistung völlig ausreichend. Man spürt aber schon, dass die Komponenten für Computer und Nahfeld optimiert wurden: Im Bass rummst es ordentlich, dann kommt erstmal dezente Zurückhaltung. Auch die Höhen sind brillant, die Sprachverständlichkeit hoch, die tiefgründigeren Mitten aber eher sanft ausgeprägt. Spaß machen tut die Kombi trotzdem, denn für entspanntes und intensives Hören habe ich meine große Anlage. Die BRIKs spielen ihre Stärke im Nahfeld und in guter Wohnraumbeschallung aus. Als frei konfigurierbare Komplettanlage ein großer Wurf aus Taiwan.

Daten

BRIK Vollverstärker: 3 Eingänge, 2 x 20 W Sinus. 189 Euro
BRIK DAC: 24/192 (Upsampling), 3 Eingänge (optisch, coaxial, USB), 1 Ausgang (analog). 179 Euro
BRIK Bluetooth Stage: 2 Ausgänge (analog, coaxial), 199 Euro
BRIK Internet Radio: Internet & UKW Radio, Mediaplayer (SD-Karte), LAN, WLAN, UPnP. 229 Euro
BRIK Phono Stage: MM/MC, Eingangsempfindlichkeit 4-6/0,4-0,6 mV, Eingangsimpedanz 46-56 kΩ/80-120 Ω. 139 Euro
BRIK Power Master: Zentrale Stromversorgung für BRIK Komponenten mit 4 x 12 V (Quellgeräte) und 1 x 20 V (Vollverstärker) Ausgang. 199 Euro

Maße je Gerät: 140 x 68 x 180 mm (B x H x T)

Vertrieb: TCG Handels GmbH, Tel. 05921/7884927, info@tcg-gmbh.de